29.09.2015

Flüchtlinge - legale Zugangswege schaffen

DIE LINKE muss realistische Vorschläge präsentieren

Michael Leutert
CC0

Die Zuwanderung von Flüchtlingen vor allem in die west- und nordeuropäischen Staaten der EU stellt eine der zentralen politischen Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Dies gilt auch hierzulande und für unsere Partei. Unsere solidarische Haltung gegenüber Menschen in Not alleine reicht nicht aus. Wir müssen als LINKE tragfähige Konzepte auf allen Ebenen der Flüchtlingspolitik entwickeln: für die Herkunfts- und Erstzufluchtsländer, für die EU und für Deutschland. Unter anderem ist es wichtig, dass wir dem Slogan „Refugees welcome“ eine konkrete Bedeutung geben, indem wir Vorschläge für die Schaffung legaler Zugangswege nach Deutschland machen. Die Bundesregierung hat keine, sondern hält an dem für die aktuelle Situation nicht geschaffenen Asylrecht und an willkürlichen Sonderkontingenten fest. Das ist gefährlich, denn in dieses Vakuum stoßen die Rechten, indem sie Ängste und rassistische Vorurteile schüren. Doch braucht DIE LINKE die Debatte nicht zu scheuen.

Für die Schaffung legaler, humanitärer Zugangsregeln für Flüchtlinge nach Deutschland wie in die EU bietet sich die Verzahnung dreier Maßnahmen an:

1. Das Resettlement-Programm des UNHCR: Es zielt auf eine legale und geregelte Aufnahme größerer Kontingente von Flüchtlingen. Wie das Beispiel Syrien zeigt, flüchten Menschen aus Kriegs- und Krisenstaaten vor allem in Nachbarstaaten. Häufig sind dies jedoch selbst arme Länder, die mit der Aufnahme von Hundertausenden Flüchtlingen überfordert sind. Die Neuansiedlung in aufnahmebereite Drittstaaten, das ‚Resettlement’, ist daher oft die einzige Lösung. Das Resettlement-Programm existiert bereits unter der Leitung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Bis jetzt beteiligen sich aber erst wenige Staaten daran. Bei einem Bedarf von jährlich 800.000 Plätzen stehen nur 80.000 zur Verfügung. Die 27 Mitgliedsstaaten der EU stellen davon gerade einmal 5.500. Folgerichtig kritisierte das UNHCR erst kürzlich die Entscheidung der EU zwar 120.000 Flüchtlinge in der EU zu verteilen, doch keine Maßnahmen vorzuschlagen, um geregelte, legale Wege nach Europa zu schaffen – genau das, was das Resettlement-Programm leisten kann. DIE LINKE sollte sich dafür einsetzen, dass Deutschland Resettlement als Chance begreift. Massenhaftes Elend und die Flucht über gefährliche Routen würden verhindert, zugleich eine Regelung, die bei der gegenwärtigen Entwicklung die Aufnahme hierzulande legalisiert und ordnet, geschaffen. Deutschland sollte sich entsprechend des Prozentsatzes seiner finanziellen Beteiligung an UN-Friedensmissionen mit mindestens 7,2 Prozent dynamisch am jährlichen Bedarf beteiligen.

2. Ein Einwanderungsgesetz: Flüchtlinge, die nicht vor Krieg oder Bürgerkrieg flüchten, bekommen schnell den Stempel „Wirtschaftsflüchtlinge“ aufgedrückt. Doch haben Menschen, die in Armut leben, nicht auch ein Recht auf ein besseres Leben? Für solche Flüchtlinge greift weder das Resettlement-Programm, noch das Asylrecht. Für sie brauchen wir eine legale Zugangsmöglichkeit, die auch die letztlich nicht unbegrenzten Möglichkeiten unserer Gesellschaft berücksichtigt. Das kann ein Einwanderungsgesetz leisten, vor dem die Bundesregierung bis heute zurückschreckt. Da es nur ein Instrument der Flüchtlingsaufnahme neben dem Resettlement-Programm und dem Asylrecht sein soll, wäre auch die Sorge, dass Zuwanderung ausschließlich nach Nützlichkeitskriterien geregelt wird, hinfällig.

3.Das Recht auf Asyl: Das Recht auf Asyl ist ein im Grundgesetz verankertes individuelles Grundrecht auf Schutz für politisch Verfolgte. Es war nie für die Aufnahme größerer Flüchtlingskontingente gedacht. Das Resettlement-Programm und ein Einwanderungsgesetz zielen nicht nur genau in diese Leerstelle, sie würden zudem dazu führen, dass die Asylgesetzgebung wieder auf seine eigentliche Aufgabe zurückgeführt wird: ein Individualrecht für politisch Verfolgte. Die Gerichte und Behörden würden massiv entlastet, und dem Gerede vom „Asylmissbrauch“ wäre der Nährboden entzogen. In der Konsequenz könnten in weiteren Schritten die Einschränkungen des Asylrechts rückgängig gemacht werden: Dies beträfe unter anderem das ohnehin gescheiterte Dublin-Verfahren und die nur zur Aushebelung des Asylrechts geschaffene Regelung der ‚sicheren Herkunftsländer’.

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