09.02.2016

Kampf gegen Rechts – Richtungswechsel oder leere Worte?

SPD kündigt an, CDU blockiert.

Michael Leutert

Mitte Januar schlug das Operative Abwehrzentrum der sächsischen Polizei (OAZ) in einem internen Papier Alarm: Der Rechtsextremismus habe sich 2015 in Sachsen flächendeckend ausgebreitet. Fremdenfeindliche und neonazistische Gewalttaten seien landesweit eines der größten Probleme. Allein zwischen Januar und September 2015 wurden 66 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registriert - 2014 waren es im gesamten Jahr nur 27. Und das sind nur die offiziell als rechtsmotiviert geführten Straftaten. Die Entwicklung in Sachsen entspricht der Entwicklung in ganz Deutschland. Nicht weniger als 12660 rechtsextreme und fremdenfeindliche Straftaten hat das Bundesinnenministerium von Januar bis November 2015, also in weniger in einem Jahr, gezählt. Die Zahl stieg mit jedem Monat an.
Diese Entwicklung hat mit der verstärkten Zuwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland erheblich zugenommen, doch neu ist sie nicht. Neonazistische Strukturen haben bereits vorher existiert, rechte Einstellungen waren auch vorher verbreitet. Das wissen wir in Sachsen nur zu gut. Die politischen Entscheidungsträger*innen, in Sachsen wie im Bund, haben den zivilgesellschaftlichen Kampf dagegen viel zu lange im Stich gelassen.

Unter Kristina Schröder, der von 2009 bis 2013 zuständigen CDU-Bundesministerin, stand der Feind links. Zivilgesellschaftliche Projektträger gegen Rechts wurden sogar mit Schikanen wie der ‚Extremismusklausel’ sabotiert. Diesen ideologischen Unsinn hat Familienministerin Manuela Schwesig von der SPD beendet. Doch wurden zwei zentrale Forderungen der Projektträger, die wir als Linksfraktion seit Jahren im Bundestag unterstützen, von der Großen Koalition auch weiter nicht erfüllt: Zum einen blieb die finanzielle Ausstattung des neuen Bundesprograms ‚Demokratie leben!’ mit zunächst 40 Millionen Euro und für 2016 50 Millionen Euro weit hinter den Erfordernissen zurück. Zum anderen wurde der Förderzeitraum zwar auf fünf Jahre verlängert, doch weigerte sich die Bundesregierung, die Förderung auf eine dauerhafte, gesetzlich gesicherte Basis umzustellen. Die Rolle des Bremsers in der Großen Koalition hat dabei erneut die CDU eingenommen.

Beinah parallel zum Alarmruf des OAZ hat nun der SPD-Parteivorstand beschlossen, sich für eine Verdoppelung der Mittel für „Demokratie leben!“ auf 100 Mio. Euro einzusetzen.

Das wäre endlich eine angemessene Summe. Auch die „Verstetigung“ der Förderung ist Teil des Vorstandsbeschlusses der SPD. Das Problem ist und bleibt jedoch die Umsetzung im Bundestag. Dort blockiert weiter eine CDU/CSU, die zivilgesellschaftliche Projekte gegen Rechts nicht nur bei uns in Sachsen eher kriminalisiert, anstatt ihnen endlich politische Priorität einzuräumen.

Wir setzen uns als Linksfraktion seit Jahren in den Haushaltsberatungen dafür ein, dass die Initiativen gegen Rechts auf einer vernünftigen Grundlage arbeiten können. Bislang standen wir damit allein. Sollte Ministerin Schwesig jetzt unsere Forderungen übernehmen und versuchen, den SPD-Vorstandsbeschluss in den Beratungen zum Bundeshaushalt 2016 umzusetzen, verdient sie unsere Unterstützung. Das Thema ist angesichts der eingangs genannten Zahlen zu ernst, um mit ihm parteitaktische Spielchen zu spielen.

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